World Cafe

World Cafe - inspired by a Kaffeehaus

Stell Dir vor, Du sitzt in einem Cafe mit ein paar Kollegen. Die Männer trinken ihr Feierabendbier, die Damen einen Latte Macchiato und es wird diskutiert, philosophiert und debattiert. Es werden Meinungen ausgetauscht und ihr erfahrt von neuen Projekten und Schwierigkeiten, aber auch von neuen Ideen. Die Atmosphäre ist entspannt, aber auch irgendwie energiegeladen. Die Zeit vergeht wie im Flug und ehe Du es bemerkst, ist es schon spät geworden. Du verlässt das Cafe mit neuen Eindrücken und Dir fällt auf, dass Du in diesen zwei Stunden mehr Impulse bekommen hast, als in den Besprechungen der letzten Monate…

Hier kommt die Kreativitätsmethode „World Cafe“ ins Spiel! Dabei soll die energiegeladene und entspannte Atmosphäre eines Kaffeehauses ermöglichen, dass die Teilnehmer sich fallen lassen können und Ideen in lockeren Gesprächen entwickeln. Das World Cafe erkläre ich am Besten mit einem konkreten Beispiel.

Und so funktioniert‘s – das World Cafe einfach erklärt an einem Praxisbeispiel

Aufgrund eines Imageschadens beschließt ein Unternehmen, sich marketingtechnisch neu aufzustellen. Es möchte „nahbar“ und „authentisch“, aber auch als „nachhaltig“ wahrgenommen werden. Diese drei Säulen sollen sich durch das komplette Marketing ziehen. In drei World Cafes sollen sich die Mitarbeiter mit ihren Ideen einbringen.

Im konkreten Beispiel lautet die Fragestellung für das erste World Cafe: „Wie können wir als Unternehmen Nähe ausstrahlen?“. Als Unterthemen für die einzelnen Tische werden festgelegt:

  • Wie können wir bei unseren Messeauftritten „nahbar“ sein?
  • Wie können wir auf unserer Website „Nähe“ ausstrahlen?
  • Wie können wir im Kundenservice „Nähe“ aufbauen?
  • Wie können wir in unseren Räumlichkeiten (Kantine, Meeting-Räume,...)  „Nähe“ ermöglichen?
  • Wie können wir zwischen verschiedenen Abteilungen „Nähe“ fördern?

 

 

Die zwei weiteren World Cafes finden an anderen Tagen und mit anderen Teilnehmen statt, sind aber ähnlich aufgebaut.

Beispiel World Cafe

Das World Cafe in 13 Schritten

  • Für das World Cafe wird immer ein Hauptmoderator benötigt. Dieser erklärt die Methode, die Spielregeln und hilft den Teilnehmern, sich auf die Methode einzulassen. Er stellt das Hauptthema „Wie können wir Nähe ausstrahlen“ vor. Ggf. kann hier auch die Geschäftsleitung zu Wort kommen und die Vorstellung des Themas übernehmen. Stimme Dich als Hauptmoderator unbedingt vorher mit der Geschäftsleitung ab, damit diese nicht in der Vorstellung zu viel vorwegnimmt und die Teilnehmer dadurch nicht beeinflusst werden.
  • Danach suchen sich alle Teilnehmer (selbst!) einen Stehtisch, an dem sie gerne arbeiten möchten. Die Tische sollten nach Möglichkeit mit gleicher Personenzahl (max. 5) besetzt werden.
  • Dann geht es los. Die Teilnehmer finden an ihrem Tisch das Unterthema vor, welches dort bearbeitet werden soll. Es liegt eine beschreibbare Tischdecke (alternativ ein DIN A0-Blatt) auf dem Tisch, die von allen beschrieben, noch besser „bemalt“ werden darf. Hier gilt eine Spielregel: „Je visueller, desto besser“.
  • Den Zeitraum für eine Runde gibst Du als Hauptmoderator vorher bekannt. Diese kann zum Beispiel 15 bis 20 Minuten dauern.
  •  Jeder Tisch sollte einen Tischmoderator/Gastgeber bestimmen. Dieser ist hauptsächlich dazu da, die Teilnehmer zu animieren, ihre Ideen auf die Tischdecke zu bringen und stille Teilnehmer miteinzubeziehen.
  • Nach der ersten Runde wechseln die Teilnehmer an einen Tisch ihrer Wahl. Der Gastgeber bleibt am Tisch, begrüßt die neuen Tischgäste und erklärt kurz, was das vorherige Team erarbeitet hat. Die Rolle des Gastgebers kann (einheitlich für alle) über alle Gesprächsrunden beibehalten werden oder von Runde zu Runde wechseln.
  • Die Anzahl der Runden ist im einfachsten Fall gleich mit der Anzahl der Tische. Bei sehr großen Veranstaltungen wird die Anzahl der Runden geringer sein, da viele Runden natürlich irgendwann auch ermüdend für die Teilnehmer werden.
  • In jedem Fall sind bei mehreren Runden Pausen einzuplanen. Hier dürfen die Teilnehmer auch herumgehen und die anderen Tische begutachten.
  • In der letzten Runde ist es wichtig, dass die Ergebnisse „geerntet“ werden. Dazu bereiten die Teilnehmer an ihrem letzten Tisch die Gesamtergebnisse für dieses Tischthema präsentationsfähig auf. Hierzu können sie in Ergänzung zu den Tischdecken weiteres Material wie Moderationskarten, Post Its oder Bastelmaterial nutzen.
  • Nach Abschluss dieser Runde hängen alle Teams ihre Tischdecken und die dazugehörigen Utensilien auf Pinnwände auf.
  • Danach folgt die Ideen-Vernissage. Das heißt, die Teilnehmer gehen gesammelt von Pinnwand zu Pinnwand und die jeweiligen Teams stellen ihre Ergebnisse vor.
  • Um das World Cafe abzuschließen, sollten die Teilnehmer ein Abschluss-Feedback geben. Dieses kann visuell erfolgen zum Beispiel über Punktekleben auf einer Bewertungswand und ergänzend mit einem kurzen Zitat, welches jeder Teilnehmer auf eine Moderationskarte schreiben kann und auf die Pinnwand hängt.
  • Der Hauptmoderator beschließt das World Cafe, indem er den Teilnehmern dankt und bekannt gibt, wie es jetzt weitergeht.

Noch ein paar Tipps für das World Cafe

  • Die Teilnehmer sollten bunt gemischt sein und aus allen Hierarchieebenen und Bereichen stammen. Damit meine ich, dass der Azubi neben dem Vorstand und der Elektriker neben dem Controller am Stehtisch zusammenkommt.
  • Die Teilnahme ist freiwillig. Keiner sollte dazu „verdonnert“ werden.
  • Das Thema oder die Unterthemen müssen so inspirierend formuliert werden, dass Ideen auch sprudeln können. Ein langweilig formuliertes Thema oder eine geschlossene Fragestellung wird niemanden hinter dem Ofen hervorlocken. Deshalb sollte es ein kleines Team geben, welches sich in der Vorbereitungsphase insbesondere Gedanken macht, wie man das Thema spannend formulieren kann und wie man es bei der Begrüßung so vorstellt, dass die Teilnehmer den Hintergrund verstehen und Lust bekommen, sich einzubringen.
  • Gebt zu Beginn des World Cafes eine Anleitung (mündlich und zusätzlich pro Tisch als Aufsteller), die ein paar Grundregeln und Impulse beinhaltet. Zum Beispiel „Es gibt keine Denkverbote“, „Was sind Eure zwei verrücktesten Ideen?“, „Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte“, „Baue auf Ideen anderer auf“ usw. Hier kannst Du Dir im Vorfeld mit Deinem Vorbereitungsteam passende Fragen und Regeln überlegen.
  • Achte darauf die Teilnehmer zu Beginn einzuladen, sich bewusst zu Kollegen und Kolleginnen an einen Tisch zu begeben, mit denen sie bisher nichts oder nur wenig zu tun hatten. Das fördert auch die Vernetzung im Unternehmen.

Vorteile

Du kannst sehr strukturiert und in einem offenen Austausch sehr viele Ideen in einer überschaubaren Zeiteinheit einsammeln. Du bekommst sehr viele Perspektiven hinein, da Mitarbeiter aus allen Abteilungen teilnehmen können. Ausserdem kann es manchmal Themen geben, wo es für die spätere Akzeptanz erfolgsentscheidend sein kann, dass möglichst eine große Zahl der Belegschaft in den Prozess eingebunden war.

Zeitaufwand

Der eigentliche Zeitaufwand steckt bei dieser Methode in der Vorbereitung. Es müssen die richtigen Fragen gefunden werden (inspirierend und offen!). Ort, Raum, Einladung der Teilnehmer, die benötigten Materialien müssen organisiert oder erst noch angeschafft werden. Der Ablauf muss mit der Geschäftsleitung besprochen und Erwartungshaltungen abgeglichen werden. Es ist vorher zu klären, wie mit den Ergebnissen weitergearbeitet wird.

Schwierigkeitsgrad

Anspruchsvoll. Aber hier ein Tipp: Starte mit einem kleinen World Cafe zum Beispiel mit drei Tischen und jeweils vier Personen. Hier kannst Du alle Schritte „im Kleinen“ ausprobieren und Erfahrung sammeln.

Und vergiss nicht!

Das World Cafe macht unglaublich viel Spaß und kann sehr viele Ergebnisse hervorbringen. Damit aber hinterher bei den Teilnehmern kein Frust aufkommt, müssen Ideen auch umgesetzt werden. Ansonsten verpufft selbst das beste World Cafe, wenn sich die Mitarbeiter ein halbes Jahr später fragen, was jetzt eigentlich herausgekommen ist.

Fazit

Das World Cafe als Kreativitätsmethode hilft Dir, wenn Du bei einem Thema viele Ideen brauchst und wenn Du eine hohe Akzeptanz für ein Thema haben möchtest. Die Methode erfordert eine saubere Vorbereitung und klar formulierte, inspirierende Fragen. Insbesondere ist der Rückhalt aus der Geschäftsleitung für dieses Format sehr wichtig, weil natürlich auch unerwartete und verrückte Ideen kommen können.


Buchempfehlung

Creability von Martin J. Eppler, Friederike Hoffmann, Roland A. Pfister, erschienen 2014 im Schäffer Poeschel Verlag
Creability von Martin J. Eppler, Friederike Hoffmann, Roland A. Pfister, erschienen 2014 im Schäffer Poeschel Verlag

Mein absolutes Lieblingsbuch CREABILITY - Gemeinsam kreativ - Innovative Methoden für die Ideenentwicklung in Teams *, wenn es um Kreativitätstechniken geht. Dieses Buch nehme ich immer zur Hand, wenn ich einen Kreativ-Workshop plane und mal wieder neue Impulse brauche. Die Methoden sind leicht verständlich beschrieben, mit Bildern und Beispielen. Ich entdecke in dem Buch immer wieder neue und spannende Ideen für Kreativitätstechniken, die ich gerne ausprobiere.

"Genial ist kein Zufall" von Jens-Uwe Meyer & Henryk Mioskowski, erschienen 2013 im BusinessVillage Verlag
"Genial ist kein Zufall" von Jens-Uwe Meyer & Henryk Mioskowski, erschienen 2013 im BusinessVillage Verlag

In diesem Buch findet man sehr viele Kreativitätstechniken, zusätzlich auch noch Anregungen für die Ideenbewertung, Priorisierung und Clusterung. Die beiden Autoren bringen sehr viele Praxisbeispiele, damit die Methoden greifbar werden. Im zweiten Teil des Buches kann man ein 6-Wochen-Programm starten, um Ideen systematisch zu entwickeln. Obwohl das Buch schon einige Jährchen auf dem Buckel hat, ist es für mich immer noch eine Bereicherung als Fundgrube für Kreativitätsmethoden. 

 

Genial ist kein Zufall - Die Toolbox der erfolgreichsten Ideenentwickler *

 

 

 

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